Aus dem Buch  "LIEBE"

 

 

 

 

 

 

 

 

Nodrestadt

ISBN 9783743125131

 

 

ABSCHIED

 

Die Rose stirbt
aufrecht in einer Vase
geformt von Künstlerhand
Ihr Blattwerk welk und braun
so hart im Widerstand
denn - noch fällt sie nicht
Die Blüte groß doch zart
den Kelch mit zarten Staubgefäßen
halten glutrote Blütenblätter dicht
inmitten strahlt die Sonn‘
gelebter Sommer
Einstmals in Duft gehüllt
aus sieben Schleiern Scheherezad‘s
fühlst mehr als es dein Sinn erkennt
noch zarte Ströme von geteilter Lust
Gerollt das Blütenblatt
wie ein noch voller Mund
auf dem dein Kuss noch zärtlich weilt
der von der Liebe weiß
die ihm so sacht und sanft und weich
enteilt.

 

ACKER UND PFLUG

 

Verletzend Dein Wort
War schon weit fort
Legst Deine Hand auf mich
schwer
Spür wie die Luft
Hebt mich und trägt
In Deinen Arm
Wiederkehr
Lieb holt sich Lieb
Einsam im Nehmen
Zweisam im Geben
Acker und Pflug
 


GESCHENK

 

Dein Haar ist weiß
Runzelig die Haut
Doch deine Hand
Die meine sucht
Ist alterslos
Denn
sie liebt

 

LIEBESALPHABET

 

Fingerkuppen formen Worte
Haut sucht die Erwiderung
Sprache, die nur Liebe findet
Ohne Syntax, Komma, Punkt

 

HERZGRUSS

 

tropfenweise
mit pipette
schick ich dir
herzgrüße
blutgruppe
unwesentlich
wenn die pumpe
nicht mehr will
flöss ihr tropfen ein
der zuversicht
der leidenschaft
der hoffnung
der schönheit
dein herzblut
in mein herz
mein herzblut
in dein herz
manna
des verstehens
mantra
des vergessens

 

WAS DAZWISCHEN SCHWINGT

 

Nein sagt er Ja sagt sie
Nein sagt sie Ja sagt er
Dazwischen liegen Welten
Weder Liebe noch Hass
Manchmal nur ein Satzzeichen
Falsch gesetzt bis zum
Mordpunkt.

 

 

SOLANGE MAN LEBT

 

Solange man lebt

darf man träumen
Jedes gemeinsame Jahr
ein funkelnder Diamant
Gelebtes Bekenntnis
zum Du
Denn nur im Du
kann das Ich sich finden
Im Du darf es wachsen
blühen und reifen
Früchte tragen
Sich vollenden

 

NUR SO


Sicher wäre mein Leben einfacher gewesen
Ohne dich
Aber
Nicht leichter
Nicht besser
Nicht schöner
Nicht fröhlicher
Nicht aufregender
Nicht zärtlicher
Nicht ergänzender
Weniger
Verwundbar
Wäre mein Leben gewesen
Ohne dich
Nur ein unvollständiger Satz

 

WENN ALLES WURSCHT IST


Die koffer gepackt
Die schlüssel am tisch liegen
Fehlt nur ein wort
Das du nicht sagst
Dann fällt die tür ins schloss
Ich bin draussen
Du hockst drinnen
Und starrst an die wand
Die keine antwort gibt
Genauso wenig wie ich
Aber du hast nie gefragt
Du dachtest du weißt
Jetzt weißt du
Es ist zu spät zu fragen
Die antwort bleibt offen
Ein leben lang
Deins und meins
Nicht unser

 

WENN DU NACH MAILAND KOMMST


zieh dir die roten schuhe an
und geh die erste liebe suchen
sie blüht wie wilder thymian
und duftet nach jasmin

 

r bettina ehrlich

 

WINDSBRAUT


Sein wie der Wind
In deinem Haar
Um dein Gesicht
Möcht ich für dich
Sein wie das Meer
In deiner Hand
Branden wie Sand
Zurück an den Strand
Sein wie das Licht
Weich dich umfließt
Schwerelos streichelt
Sanft dich umschmeichelt
Sein wie der Duft
Voll taufrischer Luft
Satt von der Nacht
Morgens erwacht
Sein wie die Zeit
Mächtig und weit
Ohne End und Beginn
Fließt um dich hin
Sein ohne Ziel
Leicht wie im Spiel
Nicht beengen, befrein
Windsbraut Dir sein

 

für M4
 


Gedichte aus 'feia & ice'.....

 

 

am döblinger friedhof

 

am grab meiner eltern
spielt meine kindheit
tempelhupfn

während ich wasser hole
hüpft sie neben mir her
blinzelt mir zu und fragt
‚erzählst du mir eine geschichte?‘

‚du bist meine geschichte‘
sage ich - und nehme ihre hand

f
eia  & ice

 

am blauen planeten
regieren feia & ice
grosses abschlachten in syrien
flammenzüngeln in kairo

in der türkei verkünden
ein paar schuldlose bäume
den aufschrei einer generation
an lautlosigkeit erstickt

die satten schaun zu
verkrustet im ice
der gleichgültigkeit
und ignoranz

 

Lesezeit

 

Der Wortwald steht
Licht fällt ein
Buchstaben werfen Schatten
Roden  Pflanzen  Roden
Warten auf Beerenpflücker

 

Muttertag

 

Wenn auch nicht Du
Kommt Deine Stimme
Auf Besuch
Als Mutter
Lernt man
Sich bescheiden
Wartet auf Tage
Der Wärme
Die das Herz
Umhüllen
Alles trägt
Frucht
Irgendwann
 

rot glüht der mohn

 

rot glüht der mohn
das herz meiner heimat
berauschend und höllenschwarz
seine frucht
nichts fleht sanfter
als seine blüte
im wind

sprachhandwerk

 

mein handwerk ist die sprache
der hobel reduktion
mein meißl die satire
nägel politikon
leim festigt die mundart
als rahmen überschrift
die solitäre werkbank
zu formen das gedicht